Zur Eröffnungsveranstaltung und Preisverleihung kommen traditionell viele Filmemacher, Schauspieler und Produzenten. In der Galerie Oval im Kino Babylon gibt es zum diesjährigen Jubiläum eine Fotoausstellung (5 Jahre Achtung Berlin) von Christine Kisorsy.
Mit im Kinosaal saßen gestern u.a. auch der Regisseur Fred Breinersdorfer, Gesine Cukrowski, Marc Zwins, Fabian Busch, Nora Tschirner und Alice Dwyer. Der Eröffnungsfilm „Zwischen heute und morgen“ rief übrigens derbe Reaktionen seitens des Publikums hervor, so dass der Regisseur entschied, sein Team nicht auf die Bühne zu rufen und sich alleine den Reaktionen des Publikums zu stellen. Hier sind einige der Reaktionen.
Kurzfilm „Edgar“
Zuerst jedoch die Kommentare zum Kurzfilm „Edgar“ von Fabian Busch.
„Es ist toll, dass Ihr Euch gefreut und gelacht habt. Vielen Dank an das Festival, dass wir hier laufen dürfen, auch als Eröffnungsfilm.“
Wilfried Dziallas (Edgar) gesellt sich zum Team auf die Bühne und sagt:
„Na, es hat Ihnen also doch gefallen. Ich wollte Ihnen kurz sagen: Manche bekommen einen Oskar, ich bekam den Edgar. Was Sie noch nicht wissen, ist, dass es eine Serie wird. Im nächsten Jahr sehen Sie also Neues von Edgar.“
Reaktionen „Zwischen heute und morgen“
Fred Breinersdorfer (Regisseur): Ja, es war ein sehr gespaltenes Echo. Ich erspare Ihnen deswegen, mein Team auf die Bühne zu holen; die Schauspieler, für die ich die Verantwortung als Autor und Regisseur übernehme, weil die das als kränkend empfunden haben müssen, wie an einigen Stellen gelacht worden ist. Ich bin gerne bereit, all denen die so laut und herzlich gelacht haben, den Film zu erklären.
Zuschauer: Dürfen die Leute heute nicht lachen?
Regisseur: Natürlich, das ist auch kein Problem, aber die Leute, die sich auf den Film einlassen wollten, die wurden aus der Konzentration gerissen. (Applaus).
Ich möchte gerne eine inhaltliche Diskussion haben und das die Leute mir sagen, denen der Film nicht gefallen hat , es gab ja welche die gebuht haben, warum denn nicht. Erklärt es mir!
Zuschauereinwurf zu einem Nachbarn im Saal: Hab doch Mut! Du hast doch den ganzen Film kaputt gemacht.
Frage eines anderen Zuschauers: Ich wollte nur fragen, meinen Sie das wirklich ernst?
Regisseur: Ja. Wenn man zwei Jahre für so einen Film gearbeitet hat, Leute motiviert und Geld zusammen geholt hat und einen Film macht, der einen emotionalen Anspruch hat, dann will man vielleicht am Anfang Lacher hören, aber man möchte nicht, dass sich tot gelacht wird. Und das ist hier passiert.
Antwort Zuschauer: Aber dieser Film hat gnadenlos jedes Klischee bedient. Das kann man doch nicht ernst meinen heutzutage.
Regisseur: Beispiel?
Zuschauer: Alles, die Dialoge, …., das ist einfach…. fassungslos. Sie glauben… (Applaus).
Regisseur: Wir wollten alles andere, als Klischees zu bedienen und ein Film in diesem Genre hat gewisse emotionale Aspekte, die zum Ausdruck gebracht werden müssen. Das ist eine Romanverfilmung und die Dialoge sind logischerweise literarischer als es ein Film ist, der auf der Straße spielt oder in kaputten Beziehungen.
Die Idee des Filmes ist, dass zwei Menschen, die wirklich etwas zu verlieren haben, sich auf etwas Neues einlassen und in dieser Nacht dann vor dem Scheideweg stehen; entweder sie verlieren das, was sie bisher an sicherem Besitzstand hatten oder sie verlieren ihre Träume. Das ist ein relativer Hochsicherheitsakt, den ich versucht habe darzustellen. Wenn Sie das als Klischee empfinden, dann können wir gerne eine Umfrage machen. Denn, andere Leute kamen ja gar nicht dazu, sich auf diese Emotionen einzulassen.
Zuschauereinwand: Das würde ich so nicht sagen. Ich glaube, dass einige Leute sich auf die Emotionen einlassen wollten, es aber auf Grund der Dialoge nicht konnten. Ich will nicht den ganzen Film niedermachen. Ich fand die Kamera sehr schön, die Musik wunderbar. Es geht auch nicht gegen die Schauspieler, die können meines Erachtens nichts dafür. Beide sind exzellente Schauspieler und ich weiß, dass auch Sie sehr gute Filme machen. Es geht einzig und allein darum, dass ich mich nicht darauf einlassen konnte, weil mich immer wieder, diese Dialoge heraus gerissen haben. (Applaus).
Zuschauerkommentar: Die Romanze ist von Anfang an durch die Problematik überlagert worden. Der Film hat gleich mit Problemen angefangen.
Regisseur: Da zitiere ich S.P. (Name nicht verständlich), obwohl dass nicht ganz auf das Genre passt. Ein guter Film fängt mit einem Erdbeben an und strebt dann ganz langsam seinem Höhepunkt entgegen. Ich glaube also nicht, dass es daran liegt. Es mag sein, dass man diese Dialogsprache heute nicht hören kann. Das ist ein Vorwurf, der an mich als Autor geht. Aber es (Dialogsprache) ist mir nicht unterlaufen, sondern ich wollte es so. Wenn das jetzt nicht ankommt, dann ist das meine Schuld.
Vielen Dank für die Reaktionen.
Und wo ist ein Kommentar der Veranstalter zum Eklat?! – Der Film war einfach peinlich – ausgewählt.
Dann geht Big Brother gucken, das entspricht vll deinem Niveau. Kritisieren schön und gut, aber es gibt auch sowas wie Benehmen der Zuschauer.
Ich muss Stefan recht geben. Der Film ist mit Abstand das peinlichste was ich in den letzten 5 Jahren gesehen habe. Null Schauspielerführung. Platteste Dialoge. Fehlende Chemie bei den Schauspielern, ein klischeebeladene Musik, die immer dann einsetzt, wenn man es erwartet. Ein Film, in dem fast alles, was man falsch machen kann, falsch gemacht wurde. Und dieser Film wurde von fast allen Fördereinrichtungen Deutschlands unterstützt – der eigentliche Skandal. Der Veranstalter hätte m.E. gut daran getan einen der deutliche besseren Dok-Filme über Berlin, die es momentan gibt für die Eröffnung auszuwählen. F.B. ist kein Star, G.C. auch nicht. P.L. ist gar nicht gekommen….
Nadja, Menschen die berechtige Kritik zur Filmauswahl und zum Film hier äußern anzugreifen ist gar kein guter Stil. Nicht alle die den Film schlecht fanden, haben wie Du es ausdrückst, „randaliert“. Die negative Kritik wurde geäußert. Selbst einige Filmemacher selbst haben den Film nicht zu Ende angeschaut – ich denke aus gutem Grund, wie auch viele andere Zuschauer, die das Kino vorzeitig verlassen haben. Die Verantwortlichen hatten bestimmt ihren Grund den Film auszuwählen, aber dann muss auch mit der Kritik umgehen können! Es gibt sowohl Respekt vor dem Filmemacher, aber auch Respekt vor dem Zuschauer. Letzteres hat bei diesem Film m.E. gefehlt.
Holla, da scheine ich ja gut gewählt zu haben, dass ich den Film in der Wiederholung in der Passage gesehen habe. Dort war das Publikum ruhig. Ich war auch ein wenig verstört, weil der Film teilweise recht hölzern war und mir Peter Lohmeyer zum ersten Mal richtig unsexy erschien, was ja eigentlich komisch ist, so wie man ihn in diesem Film „präsentiert“ bekommt. Ich habe mich aber entschieden, den Film sehr gut zu finden, weil eine Literaturverfilmung nunmal eine andere Sprache benutzen muss und weil die gespaltenen Gefühle dieser Beiden sehr gut inszeniert wurden.
@Jürgen: Lesen bildet, Ihr begreift es in hundert Jahren nicht. Sonst würde man stilvollere Antworten erhalten. Wahrscheinlich haben einige von Euch den Begriff Literaturverfilmung nicht verstanden, wie auch immer. Respekt fordern? Dann erstmal selbst lernen, wie man das schreibt.
@Nana: Wow, da kann sich ENDLICH mal jemand ausdrücken 😉
@Nadja:
Ich habe über das Thema Literaturverfilmung promoviert und wundere mich wiederum über deinen Stil. Ich finde, Jürgen hat das Problem sehr gut zusammengefasst. Denn für eine Literaturverfilmung wird ja der Stoff eines Romans für den Film adaptiert, d.h. mit filmischen Mitteln erzählt. Dafür braucht man keine „hölzernen“ Dialoge, wie Nana es zu Recht nennt. Wie Jürgen und viele Fachleute war ich von dem Film entsetzt. Breinersdorfer ist (eigentlich) ein renommierter Drehbuchautor, aber kein Regisseur. Bevor die Förderanstalten in ein solches Projekt investieren, sollten sie es besser prüfen und sich nicht von Namen leiten lassen. Darum hat unter anderem meine Sitznachbarin, eine – sehr belesene – Produzentin, gebuht, als die ganzen Förderanstalten im Abspann liefen.
Und auf das Festival wirft dieser Eröffnungsfilm auch kein gutes Licht.
Pingback: TV-Tipp für den 1. März: Zwischen heute und morgen « Kriminalakte
Pingback: TV-Tipp für den 9. Mai: Zwischen heute und morgen « Kriminalakte
Den Film habe ich erst in der vergangenen Woche kennen gelernt und ihn gleich 2x hintereinander angeschaut, weil ich ihn unglaublich erotisch finde. Das erlebe ich selten, eigentlich nur bei Lady Chatterly, der ja auch eine ähnliche Thematik hat. Die Dialoge der Protagonisten waren in jeder Hinsicht stimmig und nachvollziehbar. Ich kann mir gar nicht erklären, wer da was auszusetzen hat.
Ich habe den Film gestern ganz unvorbereitet auf 3Sat gesehen. Ich fand ihn sehr schön, klug, hocherotisch und mutig. Insbesondere die Schauspieler fand ich ungeheuer mutig. Ich kapier nicht, was da den Eklat ausgelöst hat. Vielleicht, weil es eben doch eher Fernseh- als Kinoformat ist. Für die Schauspieler, die ja wirklich nackt in mehrfacher Bedeutung sind, muss so eine Reaktion extrem verletzend sein. Um das Risiko wußten sie, aber dennoch … mein Mitgefühl. Naja. „Intimacy“ (Goldener Bär 2001) war ähnlich umstritten. Für mich die gleiche Kategorie, gleiches Niveau. Herausragend!